Inhaltsverezichnis Fazit
- Berichte
- Schüler übernehmen Verantwortung
- Bierflaschen in Metzingen
- Wo bin ich hier eigentlich
- Zivilbeamte Absurdes am Rande
- Für Verhandlungen angefragt
- Handschuhe
- Robin Wood an der Brücke
- Schäfchen im Wald
- Eine Nacht in der Gefangenensammelstelle
- Komm ich jetzt im Fernsehen?
- Lass wenigstens deine Weste da
- Mensch, das können wir auch wirklich besser!
- Was geschieht
- Gut, dass wir darüber geredet haben
- Schwarz oder Grün unangemessen oder angemessen
- Die Frau hat Abitur
- Sexuelle Belästigung
- Treten Sie nicht auf unsere Helme!
- Räumung der Bäume
- Gorleben ist Sperrgebiet
- Der Süden grüßt den Norden
- Der Transport war längst schon durch
- Zusammenfassung eines Erstbeobachters
- Anlagen
- Evangelische Jugend steht für Menschenwürde und Gewaltfreiheit
- Predigt in Langendorf nach dem Castor, Sprüche 26,12
Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen.
(Matthäus 5,9)
Die Seelsorge- und Deeskalationsteams der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers im
Kirchenkreis Lüchow-Dannenberg haben in diesem Jahr die bislang friedfertigsten Proteste
bei Castortransporten erlebt. An vielen Orten haben besonnenes Vorgehen das Handeln von
Demonstrierenden und Polizei bestimmt. Dennoch haben die wenigen deutlichen Ausnahmen, die
Zwischentöne und Veränderungen Gewicht.
- Auf Seiten der Demonstrierenden ist eine Demonstrationskultur gewachsen, die
friedfertiges Handeln in die Breite trägt, sehr viele junge Demonstrierende integriert
und Unfrieden stiftende an den Rand drängt.
- Den Meldungen, dass eine große Anzahl Demonstrierender gewaltbereit
gewesen sei, widersprechen wir ausdrücklich. Derlei Meldungen haben keinen Anhalt an der
Realität. Das bestätigen die Beobachtungen unserer Deeskalationsteams, die an fast allen
Orten des Geschehens präsent waren. Wer solche Meldungen lanciert hat, muss sich fragen
lassen, welche Interessen ihn leiten.
- Gewalt wird subtiler, geschieht ohne beim flüchtigen Blick offensichtlich zu sein.
Aber sie ist darum nicht weniger verletzend. Das gilt auch für sexistische Sprüche,
demütigende Vorgehensweisen und verbale Übergriffe.
- Überhaupt nicht zu tolerieren ist, wenn subtile Gewalt von der Polizei ausgeht. Denn
die Polizei verkörpert das staatliche Gewaltmonopol und muss darum besonders
verantwortungsbewusst mit den Formen ihrer Gewaltanwendung umgehen.
- Mehr als in den vergangenen Jahren haben leitende Einsatzkräfte ein die
Menschenwürde achtendes Verhalten gezeigt und dieses bei ihren ausführenden Beamten
eingefordert.
- Allerdings konnten leitende Einsatzkräfte dieses nicht überall und nicht gegenüber
allen bei der Räumung eingesetzten Beamten kommunizieren und durchsetzen.
- Die Verunsicherung darüber, ob die Strahlenwerte des Transportes gerade in Bezug auf
die letzten drei Behälter eine Gefahr für Polizei und Bevölkerung mit sich bringen, hat
auf allen Seiten Betroffenheit und Angst ausgelöst, und zwar so deutlich, dass wir uns
gemeinsam mit der Kirchenleitung genötigt gesehen haben, eine Anfrage beim Innenminister
des Landes Niedersachsen vorzubringen, wie es um die Sicherheit für Mitarbeitende,
Begleitkräfte, Demonstrierende und Bevölkerung bestellt ist.
Immer wieder gab es in den vergangenen Jahren unterschiedliche Bewertungen der
Gewaltbereitschaft von Demonstrierenden und der Polizei. Es wird immer deutlicher, dass
der Begriff Gewalt im Zusammenhang mit den Ereignissen um den Castortransport
untauglich ist, weil er nicht im gesellschaftlichen Konsens definiert ist.
Wir haben sowohl bei der Polizei als auch bei den Demonstrierenden ein auf Frieden
zielendes Verhalten beobachtet. Deswegen halten wir das Gegensatzpaar
friedfertig und Unfrieden stiften für geeigneter als
gewaltbereit und nicht gewaltbereit. Der Begriff
friedfertig bringt den Willen zur Achtung der Menschenwürde aller
Beteiligten, den solche Proteste brauchen, zum Ausdruck.
Bedrückend ist es, dass es im Laufe der Jahre deutliche Fortschritte zwar in der
Demonstrationskultur und im polizeilichen Handeln, aber nicht im Blick auf eine
gesellschaftlich akzeptierte, faire und transparente Standortauswahl für ein möglichst
sicheres Endlager für hochradioaktiven, hitzeentwickelnden Atommüll gegeben hat. Eine
solche Standortauswahl wäre das, was dem Frieden wirklich dient. Wir fordern sie.
gezeichnet Superintendent Propst Stephan Wichert-von Holten
für insgesamt 52 Pastorinnen, Pastoren und Diakone der Ev.-luth. Landeskirche
Hannovers |